Hendrike von Sydow, Dieter Thomas
Programm: „Nabelschau“ (logo, der Setzer)
Diametral entgegen gesetzt zu dem wie mich die beiden zeit ihres Bühnenlebens mit ihrer persönlichen wischiwaschi-Art eigentlich oft auch genervt haben (neben den genossenen und gelungenen Auftritten), packt mich bei der Zeile „Frankfurter Fronttheater auf Abschiedstour!“ ein Schauer. Da geht was zu Ende, was ich nicht weglassen will, eine Zeit, ein Gefühl, ein Lebensabschnitt. Furschtbar!
Aber ich mach jetzt hier (noch) kein Jahresendzeitdrama und ich erzähl auch als Empfehlungstrick keine Witze aus alten Programmen, die haben nämlich alle, die jetzt das gleiche Gefühl haben wie ich, sowieso selbst gesehen. Und die andern können dann doch nicht drüber lachen und gehen doch nicht hin, oder …. ?!?!?
Ein müder Versuch: Wer wollte sich nicht an dem Dieter-Thomas-Klampfsong um den beschwerlichen und lebenslang als Trauma wirkenden „Langen Weg durch den Geburtskanal“ erfreuen (naja, wenn man die Phase der antiautoritären Erziehungskonzepte nicht durchlebt hat und was da alles als Entschuldigung für ein verpfuschtes Leben heran gezogen wurde). Oder an Sprüchen aus Programmen noch mit dem früh verblichenen Matthias Beltz, in Richtung deutsche Spießer zielend: „Hundehaufen mit Selbstschuss, Gartenzwerge mit Schießbefehl!“ (Matthias Beltz im grauen Hausmeisterkittel mit überdimensionalem Schlüsselbund in der Hand klimperd; da stand die Mauer noch).
Bis zum Schluss bleibt sich die Truppe treu. Trotzdem sie zeitweise sogar eine regelmäßige Sendung im Dritten hatte (oder gar in der ARD?), ist eine funktionierende Marketingabteilung immer noch nicht vorhanden oder macht seit 30 Jahren Dauerurlaub in Summerhill. Aber wozu braucht man auf einem gedruckten Flyer eigentlich eine Uhrzeit für den Veranstaltungsbeginn? Gehen wir doch um 17 Uhr mal vor die Stadthalle und warten bis es anfängt. Die versammelten Menschen machen ein Sit-, Steh- oder Frier-In mit und ohne Räucherstäbchen und Haschplätzchen (alle mal anfangen zu Backen!), Früchtetee in der geblümten Thermokanne ham eh alle dabei und wer nicht, kriegt einen Schluck aus dem ehemals fleischfarbenen und jetzt zerkratzten und innen mit polygeschmacklichem Teestein kunstvoll überzogenen Plastikschraubdecken. Ach, es wird ganz wie früher. Schalstricken? Auch gut. Abber man kann vielleicht einfach mal den Dieter oder die Hendrike anrufen, stehn bestimmt kognito im Telefonbuch (jedenfalls in der Ausgabe 1976 und sowas ham Leute ja zu Hause, die auf solche Veranstaltungen gehen): „also was meindern dieder wanner anfangt?“ – „……“ (Antwort von Dieder auf der anderen Seite) – „eiguud Dieder dann machemämal so um sibbe halbacht ma hie“. So einfach ist das. Und man hat sich zudem noch aktiv informiert, fast schon wie ein pflichtbewusster Staatsbürger, abber jeder muss schließlich mal klein anfangen. Jedenfalls ist der Erziehungsauftrag des Frontheaters eingelöst.
Der Eintritt kostet übrigens …? Hä, wo stehten dess jetzt? Naja, da erfüll ich mal meinen Erziehungsauftrag und geb eine kreative Hausaufgabe an meine Leser: Letzten Absatz kopieren und in ein leeres Dokument einfügen. Dann alle Wörter, die mit der Uhrzeit zu tun haben, um solche ersetzen, die mit dem Eintrittspreis zu tun haben und den Text insgesamt entsprechend anpassen.
Da fällt mir noch was ein, der Witz würde jedenfalls nahtlos neben das Fronttheater passen: Es geht darum was in Mathe aus dem guten alten Zwei- oder Dreisatz geworden ist. Hauptschule 1950: „Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 20 DM. Die Erzeugungskosten betragen 4/5 des Erlöses. Wie hoch ist der Gewinn?“ Sinngemäß lautete die Aufgabe in der maximalen Schnittzeit von Mengenlehre und antiautoritärer sowie auch natürlich politischer Erziehung an einer Gesamtschule 1980: „Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln zum Preis von 20 DM. Die Erzeugungskosten betragen 4/5 gleich 16 Mark. Der Gewinn beträgt 1/5 gleich 4 Mark. Unterstreiche das Wort „Kartoffeln“ und diskutiere mit Deinem Nachbarn darüber!“.
Das ist der Stoff, aus dem Fronttheater-Programme getrickt sind. (Und dieser Text schwankt zwischen alter und neuer und teils gar keiner Rechtschreibung, irgendwie passt auch das. Seufz.)