21. Mai 2012
Mehr als Jauch und Sarrazin im TV verdattert mich die überraschende Empfehlung meiner mehr als geschätzten und überaus heilkräftigen Krankengymnastin vom letzten Freitag, ich solle doch mal die „Junge Freiheit“ lesen. Das sei die einzige Zeitung, in der noch was Vernünftiges drin stünde….. Wie ich damit umgehe, weiß ich noch nicht. Andere Krankengymnastin?
Aber es schwant mir, dass auch vollständig ohne Jauch und Sarazzin gewisse Thesen und Denkweisen sehr weit in der „Mehrheits“- und Normalgesellschaft angekommen sind, vor allem bei Jüngeren. Wie man den Leserbriefen des Blattes im www entnehmen kann, auch mit den üblichen antisemitischen, antiislamistischen und schwulenfeindlichen Beimischungen. Und vor allem mit erheblichem und unverblümten Hass auf einen so bezeichneten linksliberalen Multikulturalismus. Das zwingend nächste Schimpfwort und Feindbild sind dann die (Alt)“achtundsechziger“, die der Mehrheitsgesellschaft (offenbar ein zentraler Begriff des aktuellen Neonationalismus, vgl. auch Ungarn) ihr „krankes Weltbild“ aufzwängen. Dass dann das Ganze noch mit Antikapitalismuskritik durchsetzt ist und EU-feindlich macht es auch nicht besser.
Die wütende und teils sehr aggressive Rhetorik erinnert mich allerdings auch stark an den Generationenkonflikt der 60er Jahre, der dann in bekannter Weise eskalierte, mit dem Ergebnis des teilweisen gesellschaftlichen Umbaus und Umdenkens, das nun wieder von den Jüngeren vehement verweigert wird. Manchmal glaube ich, dieser Aspekt ist fast wesentlicher als die dusseligen Thesen von Sarazzin und die Frage „wie halte ich es mit den Salafisten“.
Wenn wir da keine guen Antworten finden und genauso rigide und verbarrikadiert wie unsere Eltern reagieren, werden wir auch nicht weiter kommen als die.