21. September 2018 – Das Bergfest im Weinjahr

Bevor es gleich an das Abpressen der Rotweinmaische geht, eine Notiz zu einem missglückten und eigentlich lächerlichen Experiment beim Rosé 2018: der war ja schon durchgegoren und hätte jetzt einfach in ein kleineres, sauberes Gefäß gehört, evtl. auch schon einmal etwas geschwefelt. Aber es hat mich gejuckt, es den Profis gleichzutun, die den Wein in dieser extrem frühen Phase gerne schon einmal „blitzblank“ filtern, warum auch immer. Also wegen lumpiger 25 Litern Wein die gesamte beim Rotwein schon beschriebene Filtermaschinerie in Gang gesetzt. Die Filterblätter müssen bei laufenden Pumpe minimal 15 Minuten mit Wasser durchgespült werden, in dieser Zeit laufen schnell 130 Liter Wasser durch, die jetzt wenigstens als Gießwasser in einer Regentonne sitzen. Der Rosé ist nicht so weit gekommen, sondern im Filter quasi steckengeblieben. Wir hatten nur die eine Sorte Filter, mit der wir den Rotwein geklärt haben. Die lässt alles durch was kleiner ist als 2 mµ  (Mikro-my). Ich gestehe, dass ich diese Zahl einfach nur benutze als Beschreibung für einen sehr „feinen“ Filter und gar nicht weiß wie groß oder klein Partikel von 2 mµ sind. Sicher ist nur, dass darunter nicht mehr viel kommt. Bei noch feinerer Filtrierung kommt der Wein sogar völlig steril aus dem Filter, da ist dann nix mehr drin, keine Keime, Hefen, Bakterien.

Sicher und eigentlich erstaunlich ist jetzt nur, dass der Rotwein nach einem Jahr der Selbstklärung vorgestern anstandslos und schnell unter der 2-mµ-Schranke durchgeschwommen ist. Leider gingen aber unsere Rosé-Kamele nicht durch das gleiche Filter-Öhr, sondern haben die Durchgänge binnen Minuten zugestellt. Mir war schon klar, dass das etwas dauern könnte, hatte aber naiv gedacht, dass durch Filter, die anstandslos 2000 Liter Wein in kurzer Zeit säubern, mit ausreichend Geduld wenigstens 25 Liter etwas trüberer Flüssigkeit laufen würden. Aber nach 20 Minuten waren lediglich 3,5 Liter aus dem Gerät getropft und dann kam gar nichts mehr. Der Rosé ruht jetzt wieder im Ausgangszustand und ungefiltert in einem Lagergefäß und darf sich mit sich selbst beschäftigen. Lerneffekt? Die Selbstklärung unseres Rotweins funktioniert sensationell gut. Und: beim nächsten – unausweichlich anstehenden – Versuch mit hellen und frischen Weinen nehmen wir erst einmal einen „groben“ Filter.

Zurück endlich zum Rotwein 2018: Die Maische ist heute in die Weinpresse gewandert und abgepresst worden. Die altmodische, handbetriebene Spindelpresse gehört den Nachbarn, ist ziemlich schwer und zieht jährlich mehrere Male von Haus zu Haus.

Aus dem Auslaufhahn des Maischebottichs kamen ohne Druck etwa 2 Eimer trüben Jungweins von selbst gelaufen. Dann war Schluss, der Hahn war schnell durch Traubenreste verstopft. Da heißt es dann, den Brei per Hand mit einem kleinen Henkelgefäß in die Presse umzuschütten. Wer da keine Handschuhe trägt, hat ein paar Tage blauviolett schimmernde Hände.

Die Brühe läuft schnell durch das eigene Gewicht nach unten aus dem Presskorb in einen darunter stehenden Eimer.

Wenn alle Maische umgeschüttet ist, wird der recht feuchte Brei in der Presse oben mit zwei halbrunden Holzbrettern abgedeckt.

Dann wird mit der Presse langsam Druck ausgeübt, der Saft läuft am Anfang schnell und üppig, später zunehmend spärlicher. Immer wieder muss etwas nachgepresst werden. Wenn Flüssigkeit weggelaufen ist, kann man wieder eine, zwei oder drei Umdrehungen, später nur noch eine oder auch nur halbe Umdrehung zulegen. Wenn man zu fest drückt, spritzt Wein waagerecht aus dem Korb.

Ganz am Ende passiert dann kaum noch etwas, da hören wir irgendwann auf. Man könnte zwar nach Stunden einen halben Liter mehr herausholen, hier in Mucsi hat früher meist der Großvater im Presshaus über Nacht auf die letzten Tropfen gewartet, doch ist dieser späte, so genannte „Presswein“ völlig anders als der anfangs abgelaufene Saft. Er ist ziemlich derb und bitter, da jetzt hautsächlich noch die Traubenkerne Wiederstand bieten und angeknackt werden. Schon deswegen lagern wir den Wein (über Nacht) in großen Gefäßen zwischen. Der von selbst abgelaufene Wein mischt sich so mit dem späten Presswein zu einer einheitlichen Flüssigkeit.

Wenn wir die Fässer, in die der Wein danach kommt, gleich füllen würden, wäre im ersten nur der zuerst abgelaufene edle, vollmundige Saft, im letzten nur der spröde Presswein. Kann man so machen und später entscheiden, ob man in einem halben Jahr den zu Ende gegorenen und geklärten Wein mischt oder auch den Presswein verwirft. Wir machen das aber gleich, weil wir möglichst einheitliche und gleichwertige Tranchen haben wollen. Alles was anders und separat weiter bearbeitet muss, ist bei den Mengen, mit denen wir hantieren, einfach lästige zusätzliche Arbeit. Wir lagern den Wein vor allem aber auch deswegen kurz zwischen, weil sich schon gleich in den ersten Stunden einiges von den Schwebstoffen und dem Dreck absetzt, der zwangsläufig noch in der Flüssigkeit dümpelt, auch Traubenschalen, Wespenreste. Vielleicht auch etwas Lehm, der bei der Ernte an den Schalen klebte, denn Waschen ist ein absolutes „no go“, weil Waschwasser in die Maische käme und den Zuckergehalt herabsetzt. Deswegen erntet man auch nicht bei Regen.

Bis hierher ist also die gesamte Weinherstellung noch etwas sehr Grobes und Trübes. Was wir später im Glas gegen das Licht halten, werden wir nicht vor Weihnachten darin „schillern“ sehen.  Natürlich bezieht der Wein später in den Fässern aus dem so genannten „Trub“, in der sich auch die restlichen Hefen befinden, während der so genannten Feingärung auf dem Hefelager noch Geschmack und Profil. Aber wir wollen ihm nicht gerade die volle Schlammpackung hinterlassen, wenn wir uns in zwei, drei Wochen nach Frankfurt aufmachen und erst im Winter zurückkommen, um ihn dann erstmals richtig vom abgesetzten Trub zu befreien.

Mit dem Abpressen und der so genannten „Einlagerung“ in so genannte „getoastete Eichenfässer (Barriques)“ endet heute endgültig die Arbeit mit Pflanzen und Trauben und beginnt der so genannte „Ausbau“ des Weines. Ernte, Einmaischen und Vergärung gehören zwar schon zur so genannten „Kellerwirtschaft“ – an diesem Punkt übernehmen bei den Profis die Kellermeister von den Weinbauern; es ist durchaus üblich, dass die beiden Betriebsbereiche von verschiedenen Personen weitgehend unabhängig voneinander betrieben werden – aber wenn der Wein in den Fässern sitzt, beginnt endgültig ein anderer Abschnitt im Leben unseres 2018er Jahrgangs. Nach diesem „Bergfest“ braucht er einfach nur Zeit, um in unendlicher Langsamkeit und Ruhe zu Ende zu gären und sich selbst zu klären.

Alles was wir jetzt noch tun können ist, ihn mit Gärverschlüssen vor dem Kontakt mit Sauerstoff zu bewahren und die Fässer bis an den Rand des Überlaufens aufzufüllen, damit nicht allzu viel Luft über dem Flüssigkeitsspiegel verbleibt. Dies nennt man beiläufig, den Wein „reduktiv“ auszubauen und wird auch vom Durchschnittstrinker so erwartet. Der Kontakt mit Sauerstoff würde einen „oxidativen“ Ausbau bewirken. Wer den Unterschied in seiner krassesten Form kennen lernen will, schenke sich nebeneinander einen gut gekühlten jungen, hellen und frischen Riesling ein, daneben ein Glas zimmerwarmen Sherry und nehme jeweils einen Schluck aus beiden Gläsern.  Alles weitere erklärt sich dann von selbst und schont meine Tastatur.

Am Abend haben wir dann den 2018er Jungwein in 2 Eichenfässer mit 53 und 67 Liter Inhalt gegossen sowie in einen Glasballon von etwa 35 Litern.

Ein halber Eimer dickflüssiger Brei blieb übrig und wanderte in das Fass, das der Nachbar später zum Schnapsbrennen geben wird, genau wie der Presskuchen vom Abpressen.

Mit somit 155 Litern Ausbeute haben wir meine Schätzung von vor ein paar Tagen „maximal 180 Liter aus 225 Litern Maische“ deutlich verfehlt. Liegt wohl vor allem daran, dass 225 Liter Maische nicht zwingend das gleiche sind wie 225 kg Trauben, auf die sich die Überschlagsrechnung normalerweise bezieht.

Genau jetzt sind wir eigentlich für den ganz langen Moment bis etwa Weihnachten mit dem 2018er durch und werden ihn vorher nicht mehr anrühren (nur noch anschauen….). Bleibt noch kurz die Hände zu falten und dem großen Weingott für die Ernte zu danken.

Abschließend vom „Primeur“ zu naschen.

Und dann Wasser marsch! Alles sauber machen.

Wir melden uns aber wenigstens noch einmal mit Fotos und einem diesen Herbst in Mucsi abschließenden Statusbericht, kurz bevor wir von hier abreisen.

 

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