Einen Wein, der in den ersten zwei, drei Jahren getrunken wird, braucht man nicht zu filtern. Er sieht zwar optisch im Glas klarer aus, damit allein werden aber der Aufwand für die Filtration und der gerüchteweise damit auch verbundene Geschmacksverlust eigentlich nicht wirklich ausgeglichen.
Wir filtern dennoch aus zwei Gründen: unser Wein liegt teilweise jetzt schon seit 8 Jahren im Keller und weil wir es einfach können. Dank eines italienischen Geräts namens „Rover Colombo 6“, das wir uns schon früh angeschafft haben.
Da die letzten Tagebucheinträge eher textlastig und theoretisch waren, gibt es ab jetzt zur Abwechslung mehr Fotos fürs Auge. Hier also die „Colombo 6“ vor dem Zusammensetzen:
Diese Pumpe mit so genannten Schichenfiltern kann nur mit Übung unfallfrei benutzt und beherrscht werden. Also üben wir, dem Wein winzige Schwebeteilchen, Hefezellen, Eiweißmoleküle und alles was sonst noch größer ist als 2mμ (Mikro-Müh) zu entziehen. Das sind 0,002 mm oder 0,0002 cm oder 0,000002 m. Der Wein wird damit nicht nur einfach durchsichtiger, im Filter bleiben auch Bakterien hängen. Und alles was auch nach langer Selbstklärung noch darin dümpelt. Damit „geben wir dem Wein mikrobiologische Stabilität in sein künftiges Flaschenweindasein mit“.*)
Die Vorrichtung „Colombo 6“ besteht aus einer einfachen kleinen Pumpe, die den Wein durch sechs Filterplatten a 20 x 20 cm jagt, die aus „Zellulose, Kieselgur oder Perliten“ *) bestehen können. „Colombo 6“ will vor Benutzung sorgfältig zusammengebaut werden, sonst lecken die vielen Verbindungs- und Anschlussstellen gerne und spritzt der Wein in alle Himmelsrichtungen aus dem Gerät.
Anfangs der 2010-er Jahre gab es kurz nach der Anschaffung herbe Fehlschläge und eine entnervte Ehefrau. Freund Harald M. aus Frankfurt kann ein Lied von gemeinsamen Versuchen mit Wasser im überschwemmten Badezimmer singen. Damals haben wir zwar zunächst nicht gemerkt, dass man mir beim Kauf einen ganzer Satz Dichtungsringe unterschlagen hatte, den wir ergo auch gar nicht eingesetzt haben. Aber auch später mit den eilig herbeigeschafften Dichtungsringen lief es nicht immer rund.
Erst 2018 war die Technik zum ersten Mal vollständig unter Kontrolle, auch Dank einer sinnvollen räumlichen Anordnung von Tanks, Schläuchen und Filter, von dem hier im Tagebuch schon einmal am 18. September 2018 die Rede war, und jeder Menge Routine.
In diesem Jahr dann der endgültige Durchbruch: Alles funktioniert störungsfrei vom ersten bis zum letzten Handgriff. Zunächst müssen die Filterplatten 5 Minuten gewässert werden. Sie zischen beim Eintauchen, auf dem Foto sind die austretenden Luftperlen gut zu sehen.
Die nassen Filter werden dann in die Halteplatten des Geräts eingesetzt. Es gibt eine glatte und eine grobe Seite, die in bestimmter, von Blatt zu Blatt wechselnder Richtung einzusetzen sind.
Dann wird alles so fest mit zwei Flügelschrauben angezogen, dass die Dichtungsringe „press sitzen“ und an diesen Verbindungen nichts mehr heraustropfen kann. Die Schellen an den Schlauchanschlüssen sind natürlich schon vorher mehrfach inspiziert und nachgezogen worden.
Wie und auf welchem Weg jetzt genau bei dieser Installation etwas von der Pumpe angesaugt, mehrfach hin und her und rauf und runter durch die Filterschichten und an den gerillten Trägerplatten vorbei am Ende gesäubert aus dem Auslauf in ein Auffanggefäß geleitet wird, entzieht sich meiner Vorstellung und Kenntnis. Es funktioniert jedenfalls.
Bevor jetzt aber gleich Wein durch diese soweit vorbereitete Installation laufen kann, müssen die vorgeweichten Filterschichten noch weitere etwa 20 Minuten mit Wasser durchspült werden. Damit werden alle losen Zelluse- und mineralischen Partikel des Filtermediums ausgewaschen. Da es in unserem Kellerhaus keinen Abfluss gibt, bauen wir erst mal alles auf der Wiese auf und entsorgen das Spülwasser gleich hier.
Nachdem auch dies erledigt ist, bauen wir alles wieder ab und im Kellerhaus auf.
Und dann geht es los. Aus den Fässern im Keller wird der Wein mit 5-Liter-Kannen in den Tank gefüllt, aus dem heraus gefiltert wird.
Danach beginnt die Aktion „Wasser in Wein verwandeln 2019“. In den Filterschichten und vor allem in den Schläuchen befinden sich nämlich noch etliche Liter Wasser. Wenn die Pumpe anfängt, Wein aus dem Tank zu ziehen, kommt also hinten folg- und bedauerlicherweise erstmal trotzdem nur Wasser raus, dass allmählich, aber dann – Pumpe an, Pumpe aus – schnell und – Pumpe an, Pumpe aus – immer schneller blass, leichtrosa, dunkler und dann – Pumpe an, Pumpe aus – rotweinfarbig wird. Wir dokumentieren dies einmal „ohne Worte“ mit einer 3-teiligen Fotosequenz.
Eins:
Zwei:
Drei:
Es braucht wenig Phantasie, um zu verstehen, dass der Person am Ende des Schlauches eine sehr hohe Verantwortung zukommt. Sie muss entscheiden, ab wann die Flüssigkeit schon reiner Wein ist und das, was aus dem Filter läuft aufgefangen und nicht mehr verworfen wird. Die verantwortliche Person wird in Wirklichkeit natürlich das Ende des Schlauches näher am Mund halten und in kurzen Abständen Proben zu nehmen…..
Danach ist aber kein Halten mehr. Das Schlauchende wird in einen Tank geführt und der Wein gefiltert. Etwa 80 Liter laufen so in einer guten Viertelstunde durch die Anlage. Da wir zuvor nicht grob vorgefiltert haben, werden es bei der zweiten Tranche von 60 Litern ein paar Minuten mehr und bei der dritten, die wir heute klären, noch ein paar Minuten mehr. Irgendwann würden die Filterblätter dicht sein, aber so viel Wein haben wir gar nicht. Nach der Aktion heute sehen die Filter so aus:
Wie wir den gefilterten Wein noch am gleichen Tag abgefüllt haben, erzählen wir nach einer kurzen Pause in „Grande Finale, Szene 2“.
*) Mit *) markierte Zitate s. https://www.wein-und-markt.de/service/mitarbeiterschulung/was-ist-das-eigentlich-filtration. Danke.