Vor ein paar Tagen haben wir dem 2018-er Wein eine moderate Dosis Schwefelpulver verpasst, so dass der „freie schwefelige Säure“-Spiegel in etwa 20 mg pro Liter höher liegt als davor. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, der Wert könnte möglicherweise unter eine kritische Marke fallen bevor wir ihn Ende August wieder beeinflussen können, denn bald geht es zurück nach Frankfurt. Zweimal Fässer, einmal Glasballon abziehen, Pulver einrühren (diesmal mit Bohrmaschine und Betonrührer), zurückfüllen, Verlustmengen ausgleichen. Routinen, die manchmal lästig sind, während unseres jetzigen, bald schon 4-wöchigen Aufenthalts, aber geräuschlos und beiläufig von der Hand gehen. Und wie das geht und gerechnet wird, wurde ja bereits in früheren Beiträgen erläutert, zum Beispiel dem vom 7. Januar 2019.
Ansonsten gibt derzeit nur der Besuch von Gästen Anlass, über den 2018-er zu sprechen. Die durften nämlich in der Rolle des international beschlagenen Fachpublikums eine Kellerprobe nehmen, bei der es ganz zu unserer Freude und Beruhigung viel Lob gab, sogar ein „Chapeau!“ für den Rosé, von dem es nach Abreise der Freunde allerdings nur noch weltweit 5 Liter gibt. Zum Wohl!
Der 2018-er Monarch und auch das damit verbundene Weintagebuch stehen damit eigentlich kurz vor ihrer Vollendung: Begonnen am 28. März 2018 wird es im September und Oktober 2019 zwar noch längere Beiträge zu möglichen letzten Behandlungen des Weines, zur Filtration und zum Abfüllen geben, danach ist aber alles endgültig in Flaschen und der Korken drauf. Nichts mehr zu machen, nur noch zu trinken. Lediglich, wenn es mengenmäßig wenig 2019-er Trauben, und damit neuen Wein, geben sollte, könnten wir uns entschließen, ein Fass weiter liegen zu lassen und erst im Jahr darauf abzufüllen und das Tagebuch weiterzuführen.
Kein Versprechen, keine Drohung, aber das Tagebuch könnte auch so eine gelegentliche Fortsetzung finden. Über die gleichzeitige Arbeit an mehreren Jahrgängen – im Weingarten, im Keller, am Korkenzieher – hatten wir ja berichtet. Vielleicht ist ja interessant zu sehen, was im kommenden Jahr völlig anders läuft als im vergangenen. In den letzten drei Wochen haben wir uns beispielsweise oft schmunzelnd an den Tagebucheintrag vom 12. Juni 2018, „Rebenerziehung geschwänzt, blauer Brief für die Lehrkräfte“, erinnert. Der war damals vielleicht etwas reißerisch verfasst, aber aus heutiger Sicht noch nicht einmal wirklich übertrieben. Denn dieses Jahr waren wir in der kritischen Phase der Rebenerziehung hier und haben zum ersten Mal seit wir Wein anbauen ziemlich zeitaufwändig sämtlichen Wildwuchs und jedes Durcheinander konsequent unterbunden. Der Unterschied zum letzten Jahr ist drastisch und sichtbar: alles wächst brav (naja, fast) nach oben und ist dort ordentlich fixiert, Störenfriede wurden des Feldes verwiesen.
Ob das nun am Ende zu einer anderen Ausbeute und Qualität führt, werden wir sehen. Und gelegentlich berichten.
Für heute nutzen wir am Ende die Gelegenheit dieser kurzen Notizen, um mal wieder ein paar unerwartete Nettigkeiten über unser Gastland zu verbreiten, das ja in unseren Breiten durch seine gegenwärtige, unerfreuliche politische Schräglage einen leider nur reichlich lädierten Ruf unterhält. Die Botschaft lautet: Die Gastronomie ist endlich doch auf einem guten Weg, zumindest an den touristisch interessanten Plätzen und in den größeren Städten. Und das auch noch so, dass traditionelle Hausmannskost nicht auszusterben droht oder Fastfood eine führende Rolle einnehmen könnte. Mit den Freunden haben wir beispielsweise im Budapester Cafe Central gegessen, und zu aller Überraschung gab es eine pfiffige Synthese von ganz fein und bäurisch derb: die exzellente klare Ochsenschwanzsuppe wurde auf einem separaten Teller von einem der Länge nach halbierten und wunderbar überbackenen und gebräunten Markknochen begleitet.
Da traut sich jemand was.
Gar in Richtung Gourmetküche gingen die beiden Vorspeisen, die wir dann vor zwei Tagen in einem zu einem Weingut gehörenden, hoch über und mit weitem Blick auf den Balaton gelegenen Bistro genießen konnten: Gepresster Zander, geräuchterte Ochsenzunge und rote Bete
sowie Entenleber mit Himbeermark, Rhabarber und vanillisiertem Petersilienwurzelpürree.
Mahlzeit und bis bald!