Donnerstag, 18. Juni 2015
Der Plan
Pustertal aufwärts fahren soweit wie möglich, nicht überdrehen.
Wie es war, was geschah
Angekommen auf meiner Reise, endlich, in doppeltem Sinne.
In aller Ruhe, mit Geduld und Zurückhaltung, ohne jeden Druck das Pustertal bergauf fahrend in einem Rutsch gemeistert. Ohne Eisenbahn, aber mit viel Pausen und konsequentem Schieben an steilen Stücken. In der Ruhe lag die Kraft. Habe mit „dem Berg“ gekämpft, nicht gegen ihn. Habe sogar mit ihm gespielt, indem ich eine breite nicht weiter befahrene, steil nach oben gehende Asphaltstraße in flachen Serpentinen von Rand zu Rand „gestreckt“ habe. Und mir dabei ein paar Kilometer extra eingehandelt habe, weil ich beim Spielen ein Schild übersehen haben muss. Erst der Hinweis, dass Grödner und Sellajoch gesperrt seien und Arraba 28 km voraus läge, hat mich dazu gebracht, meinen Kurs zu korrigieren und zurück auf die Strecke gen Toblach zu fahren. Gelacht, denn heute hat das Fahrgefühl gestimmt.
Und ich bin kurz nach Überquerung der Passhöhe bei Toblach (1.209 m) in Richtung Kärnten an der Drau angekommen und unmittelbar danach in Innichen in der Pension Patzleiner abgestiegen. Die 9. Etappe beginnt morgen also nicht irgendwo, sondern direkt am Ursprung der Drau. Vor mir liegen jetzt rund 750 reine Flusskilometer, ganz überwiegend bergab, durch Kärnten, Slowenien, Ungarn und Kroatien. Die Reise beginnt hier von neuem.
Die heutige Etappe ging von Mühlbach auf einer Höhe von rund 800 m, nach freundlichem Abschied vom Seppi-Wirt, über Bruneck nach Toblach und schließlich Innichen, wo ich jetzt in einem sehr schönen Gasthof sitze und erst Gerstensuppe, dann Bandnudeln mit Rehragout esse, dazu erst Gewürztraminer, dann Blauburgunder aus Bozen bzw. Magreid trinke.
Insgesamt waren 400 Höhenmeter zu überwinden, die bezogen auf die Länge der Strecke überwiegend nicht ins Gewicht fallen. Denn der durchgehende Radweg orientiert sich immer an einem Fluss, der Eisenbahn oder der Staatsstraße und geht nur selten über buckelige Seitenwege. Eine etwas spitzfindige Quelle im www weist allerdings auf, dass aber schon allein wegen dieser Abweichungen von der Ideallinie kumulativ insgesamt mehr als 700 Höhenmeter zu meistern seien, da man ungewollt ebenfalls kumulativ 300 wieder abfährt. Auf der Strecke selbst ist diese Rechnung aber ziemlich uninteressant.
Lediglich eine darin gar nicht enthaltene Umleitung wegen Bauarbeiten am Fahrradweg hat es in sich. Schier endlos schraubt sich der Weg steil und humorlos durch einen bewaldeten Berghang. Ein mittsiebziger e-bike fahrendes Ehepaar aus Trier teilt mein Schicksal, auch sie schieben große Strecken. Bergbekanntschaft für knapp zwei Stunden. Sie sind unterwegs von Landeck in Tirol nach Spittal im Kärnten, dann mit dem Zug nach Hause. Zu aller Erleichterung müssen wir die auf der Umleitung erkletterten Höhenmeter später nicht wieder „abgeben“, sondern landen ohne größere Abfahrt oberhalb der Baustelle wieder auf dem Radweg.
Das war schon hinter Bruneck und kurz bevor ich beinahe nach Arraba abgebogen wäre. Wiederum später, nach einem Blick nach links ins Antholzer Tal und einem Spaghetti-Eis in Olang unerwartet bald und leicht in Toblach angekommen. Auf der sanften Abfahrt nach Innichen erkenne ich die Hinweisschilder auf die Drauquelle nicht als solche und fahre noch einmal 3 Kilometer mit leichten Beinen zurück.
Dennoch bin ich am frühen Abend plötzlich völlig erledigt und wohl auch von der Höhe etwas beeinträchtigt. Gott sei Dank ist mein freier Internetzugang in der Pension auf 15 Minuten begrenzt, diese Notiz verfasse ich mit der Hand beim Essen und werde sie später in den Äther jagen. Für heute ist Schicht.
Die Zahlen:
Tageskilometer: 69,74
Gesamtkilometer: 589,97