SULZ!

Was für eine unerwartete Wiederbegegnung. Ein Nachbar in Ungarn beehrt mich mit einem Teller hausgemachtem SULZ, wie man hier früher im schönsten örtlichen Dialekt sagte. Das Wort selbst ist jetzt nicht so gar entfernt von der hochdeutschen „Sülze“, dafür das Gericht in seiner hier vormals gepflegten traditionellen und archaischen Urform – SULZ! –  aber umso ferner von all dem, was ich mir selbst täglich auf dem Gebiet der Ernährung beschaffe und zuführe.

Besagtes SULZ, was ist das? Man nehme reichlich Schwänzchen, Füße, Ohren (alles vom Schwein), vielleicht auch ein Schnäuzchen und überhaupt Schwarte und Knochen und koche das Ganze weich, würze nach Geschmack mit Salz, Pfeffer, Paprika. Das Kollagen geht aus Haut, Knochen und Knorpel in die Flüssigkeit über. Zu den frühen Kindheitszeiten, in denen mir Sulz noch durch die ungarndeutsche Familie meiner Mutter und Großmutter präsent war, wir sprechen von den 1950er und frühen 1960er Jahren, waren Kühlschränke noch nicht überall verbreitet, es gab SULZ also nur im Winter, bei uns standen dann immer 6-8 Teller auf der ungeheizten Speichertreppe. Man schippt etwas von den ausgekochten Zutaten auf Suppenteller und gießt reichlich von der Brühe drüber. Mit dem Auskühlen wird die Flüssigkeit durchsichtig und fest, so dass man bedenkenlos den Teller auf den Kopf stellen kann, ohne dass was  herausfällt. Keine Gelatine, kein Aspik. Alles Natur.

Gegessen wird kalt, mit Löffel, es schmatzt wenn man etwas aus dem Teller absticht und hochzieht. Meine Oma zog gerne das Gelee durch die Zähne und ließ genüsslich Knorpel zwischen den Zähnen knacken. Ich denke der Spaß beim  Essen war ihr ähnlich dem, den andere bei Götterspeise empfinden, auf die jemand Krokant gestreut hat. Und das dürfte fast das Wichtigste gewesen sein, denn an den Knöchlein und Knorpeln war ansonsten wenig, was hätte sättigen können, zumindest kein (rotes) Fleisch. Wie weit Ausgekochtes aus Haut und überhaupt Kollagen und Gelatine Nährstoffe und Kalorien enthält entzieht sich meiner Kenntnis, aber nach so einem Teller SULZ war man sicher trotzdem für eine Weile satt.

Selbst habe ich wohl schon in meiner Kindheit in Deutschland – aus welchen Gründen auch immer – einen großen Bogen um SULZ gemacht. Eine ganze Portion habe ich sicher nie gegessen und glaube auch nicht, dass ich überhaupt mal probieren wollte, musste oder durfte. Das war nicht so meins und Oma war in jedem Fall schneller und gieriger. Aber wir wurden schon als kleine Kinder zum Metzger einkaufen geschickt, mit einer großen Tasche und einem Zettel:  Brustkern – „Schiefleisch“ –  und Markknochen (für die Suppe),  Aufschnitt (für uns Kinder, smile!), später – als wir keine eigenen Schweine mehr großzogen – auch mal Hackfleisch, Schnitzel und Gulasch. In der SULZ-Saison wurde die Liste aber um die Posten „Ohren, Schwänze, Füße“ erweitert. Wir blickten also tapfer nach oben der hessischen Metzgersfrau ins Auge und verlangten die genannten Delikatessen. Dass sowas sonst jemand aus dem Ort gekauft hätte, ist mir nicht erinnerlich, meist wohl nur die aus der „Paprikasiedlung.“ Stigmatisierung durch SULZ! Ein Trauma, wobei es aber auch immer schön war, anders als die anderen zu sein. In diesem Sinne gehört SULZ also sehr wohl zu meiner Biografie, gegessen haben es aber andere.

Warum erzähle ich das?  Natürlich nicht, um all die Vegetarier und Veganer um mich herum zu schockieren. Meine Thema ist wie schon früher der Überfluss, die Verschwendung, der Realitätsverlust bei der Ernährung, der unermessliche Luxus, den wir uns leisten, in dem wir von unter tierquälerischen Bedingungen gezeugten und gemästeten Millionen von Lebewesen nur wenige, mit spitzen Fingern ausgewählte Teile konsumieren und wohl 80% des restlichen Kadavers zur Unkenntlichkeit weiterverarbeitet in dekonstruierte Sekundärprodukte oder in Hunde- und Katzennahrung verwandeln oder perverser- und zynischerweise tiefgefroren an die Armen in dieser Welt schicken. Die westafrikanischen Erzeuger ächzen unter dem Konkurrenzdruck von  Megatonnen tiefgefrorener billiger Hühnerfüße und –hälse und können selbstgezogene ganze Hühner auf den lokalen Märkten kaum noch zu den entstanden eigenen Kosten verkaufen.

Auf diesem Hintergrund mag mir meine Oma erscheinen wie eine Gallionsfigur für konsequentes und  ganzheitliches Wirtschaften und Handeln, wenn sie wohl auch, darauf angesprochen, nicht verstanden haben dürfte, was ich jetzt gerade sagen will. Aber wer von April, Mai drei Ferkel mit selbst angebauten Kartoffeln und zugekauftem Weizenschrot und Kraftfutter „Rrufff A“ bis in den Dezember hinein zweimal täglich abfüttert und groß und fett zieht, sich um Durchfall und andere Krankheiten dieser quiekenden Lebensabschnittspartner sorgte, im Ernstfall den Tierarzt kommen ließ  und zwei Tage vor dem Schlachttag weinend am Küchentisch saß, weil Peter und Gretel – sie gab den Ferkeln immer Namen – nun bald zu Schwartenmagen, Wurst und Schinken würden, der kommt nun mal nicht auf die Idee, auch nur irgendwelche Teile der Tiere nicht zu verwerten. Sie war das auf eine unausgesprochene  Art und Weise Peter und Gretel schuldig. Da müssen wir noch nicht einmal auf dem klischeeverschmierten Eis „Armut“, „Not“, „Subsistenz“ herumrutschen. Auch mit zwei Kreutzern in der Tasche wäre nix weggeworfen worden. Wir haben in Deutschland noch nicht einmal konsequent alle überlieferten Verwertungsmöglichkeiten wahrgenommen. Selbstverständlich haben wir für die hausgemachten Würste die Därme von Peter und Gretel mit von Opa geschnitzten Holzspateln ausgeschabt und damit gereinigt – damit wurden auch schon wir Kinder betraut -, aber die aufgefangene Schmiere aus Darmwandfett haben wir nicht mehr mit Pottasche vermischt zu Seife verarbeitet. Dafür fand aber sprichwörtlich alles außer den Knochen irgendwie Verwendung für die menschliche Ernährung und sorgte dafür, dass der Bedarf an tierischem Eiweiß für eine komplette Großfamilie auf ein komplettes Jahr mit Peter und Gretel gedeckt war.  Anfangs wurde nichts weiter zugekauft, der Rest war Schrebergarten und Gemüse. Aber die komplette Schwarte und alles Fett wurden – ich hatte mit vier Jahren meine erste eigene, von Mutter genähte weiße Schürze an und stolz ein wirklich scharfes und langes Schlachtermesser in der Hand – in Würfel geschnitten und in einem familieneigenen Kupferkessel von einem Meter Durchmesser im Hof über offenem Feuer zu Dutzenden Litern Schmalz geschmolzen, das sämtlichen Fett- und Ölbedarf bis weit ins Jahr hinein decken musste. Wenigstens in meinen ersten Kindheitsjahren wurden Hefekuchen – sei es mit gemahlenem  Mohn oder Walnüssen – weder mit Butter noch Öl, sehr wohl aber mit Schweineschmalz zubereitet. Zur Ernährung meiner Familie gehörten selbstverständlich auch Leber, Nieren, Herz, Lunge, Hirn und Blut. Und eben SULZ als Beispiel dafür, was man aus all dem machen kann, das sich nicht zu geräucherter Wurst und Schinken verarbeiten lässt oder wie Schälrippchen in Gläser eingekochten werden konnte.

Ob ich das heute noch mögen würde, sei dahin gestellt. Aber Butter bei die Fisch: auch die gereinigten Blasen von Peter und Gretel fanden Verwendung  als Gefäße für eine Dauerwust, die „Ginter“ genannt wurde, wobei es hier nicht um Geschmack oder Zutaten gehen soll, sondern um das umfassende Verwertungsprinzip. Magen und um Nebensegmente erweiterter Dickdarm fanden mit der Wurstspritze aufgefüllt und hernach an den Enden mit zuvor mit sinnigerweise passend handgeschnitzten Holzspießchen – hier wieder Opa Wochen im Voraus vorbereitend am Werk – ihren Verwendungszweck bei Würsten, die gerne ihrer Form und Hülle nach benannt wurden, wenn auch all recht ähnlich schmeckten. „Saures“ aus Leber, Niere, Lunge und Herz war DIE Delikatesse an Schlachttagen. Und eben SULZ.

Mexikanischer Bratwurstsalat

Mexikanischer Bratwurstsalat? Wie klingt das denn? Bleed, ich weiß. So wie Toast Hawaii, Pizzafleischkäse und gestern gabs in der Kantine Pasta-Chips (ehrlich!). Wir Gourmets hätten allerdings dazu „orecchiette“ gesagt.

Aber der Wurstsalat mexikanische Art ist wirklich ein Pfund. Man nehme

  • Nürnberger Rostbratwürste (gerne vom Discounter, der mit „A“ anfängt), brate sie braun, lasse sie kalt werden und schneide sie (schräg) in sehr feine Scheiben;
  • rote Zwiebel in feinen (halben) Ringen;
  • reichlich Koreandergrün;
  • ordentlich Limonensaft (keine Zitronen!);
  • mutig kleingewürfelte Chiles (vorzugsweise Habaneros).

Alles mischen, fertig. Zutatenverhältnis variabel, weil Geschmackssache. Muss nicht lange ziehen, schmeckt sommerlich erfrischend mit fränkisch-exotischer Note.

Allmächt und arriba!

NEU: Die gute „Dolce China“-Wurst

Bunte Blüten treibt das Schnellgaststättengewerbe bzw. wirft Faltblätter auch in Briefkästen, auf denen “Bitte keine Werbung” steht. So heute eins mit folgenden fett und bunt gedruckten Überschriften:

Dolce Vita. CHINA EXPRESS. NEU bei uns: Currywurst.

Kein Wunder, dass manche Mitbürger “Multikulti” für gescheitert halten. Wer ständig möglichst viel (multi) vom Schlechtesten was andere “kulti” zu bieten haben in einen Topf wirft, bekommt noch lange kein bekömmliches Abendessen. Dabei ist doch eigentlich klar, dass in einem richtig guten Cross over-Gulasch das Beste von allem drin ist und nicht die Abfälle.

Aber was wollen die Leute stattdessen (um sich gierig satt zu essen)??? Analogkäsekuchen (“Pizza”) mit Formvorderschinken unbestimmter Anbaugebiete (“prosciutto”), gaumenzerschneidende Maismehltrockenscheiben (“taco shells”), gepresste Hühnerfleischabschnitte (“Saté-Spieß”), Hauptsache billig-billig-billig und das Zeug kommt verzehrwarm eingeschweißt direkt an die Wohnungstür, wo man es sofort aufreissen und mit dem mitgelieferten Plastikbesteck ohne Umweg über die Küche im Stehen reinschlingen kann.

Warum? Weil sie keine Ahnung haben und keine haben wollen, weil sie sich nicht dafür interessieren was wo drin ist, woher was kommt und was was bedeutet und wie das alles zusammenhängt. Und weil sie einfach zu faul zum Selbermachen und -denken sind. Leider.

Und leider nicht nur bei der Nahrungszufuhr, sondern auch im sonstigen richtigen Leben. Das Ergebnis? Zerrbilder von “internationaler Küche” und “cross over” und nach dem gleichen Muster auch von anderen Kulturen und eben “Multikulti”.

Das Etablissement “Dolce Vita – China Express” – bezeichnenderweise ohne ausgewiesenen festen Wohnsitz, nur mit Telefon für die schnelle Schlingnummer zwischendurch – als Spiegel der Gesellschaft: Wer hätte das heute morgen vor dem Leeren des Briefkastens gedacht?

roulade wie bei oma

folgendes: 3 große rinderrouladen salzen und pfeffern, mit senf bestreichen,  kleingehackte zwiebeln darauf verteilen, dünn geschnittenen und durchwachsenen speck darauf legen, eine salzgurke sehr fein schneiden und die drei rouladen damit bedecken, rollen und mit küchenzwirn zusammenbinden. jetzt in butter anbraten, mit heißem wasser zweifingerbreit auffüllen und mindestens 2 bis 2  1/2 stunden schmoren lassen. dazu am besten salzkartoffeln – und ein dunkles weißbier! wohlsein!

Heute auf der Puul: Sauereien mit Ka-ka-o

Quitten-Schoko-Pralinen

Zutaten: 90 ml Sahne, 26 gr Butter, 26 gr Honig, 125 gr Bitterschokolade, 240 gr Halbbitter, 10 ml  Armagnac, Quittenbrot (irgendwann im Herbst davor selber gemacht!, nicht vom Metzger, Instruktionen auf Anfrage) 

Eine Form von ca. 8 x 30 cm (oder was anderes, das die gleiche Grundfläche von – na wieviel? – quadratischen Zentimetern  ergibt) mit Backpapier auskleiden.

Sahne aufkochen, Butter dazu, Honig, dann heruntergebrochene Bitterschokolade und Halbbitter darin schmelzen. Wenn alles schön weich schmeidet rein mit dem Armagnac. Die Hälfte der Soße in die Form gießen und ein wenig fest werden lassen. Dann die gesamte Oberfläche mit 3-4 mm dicken Scheiben vom Quittenbrot auslegen. Die 2. Hälfte der Schokolade wieder warm schmeiden, Mandeln und Haselnüsse rein, und das ganze über das Quittenbrot laufen lassen. Glatt rütteln und Form aufstumpen. Im Kühlen fest werden lassen und in s.g. Schnittpralinen von ca. 2×3 cm schneiden. Nach Gutherrens Dünken oberflächlich dekorieren oder auch nicht (Bild 2).

Mittelblonde mit Pistazien 

Zutaten: 120 ml Sahne, 180 gr weiße Schoko, 120 gr Bitterschokolade, 50 gr Pistazien grob gehackt, 20 gr Mandeln gehackt, 20 ml Grand Marnier.

Eine Form von ca. 8,5 x 25,5 cm (s.o.) mit Backpapier auskleiden. Sahne aufkochen, gebröckelte Schokoladen einschmelzen, dann Pistazien und Mandelkern, zum Schluß den Schnaps. Abhärten und in Stücke schneiden, dekorieren (s.o.).

Achtung: Schmilzt alles schön zwischen den Fingern. Und beim Scannen auch (s. Fotos).

un-gewoehn-liche rezep-toren

hab heute in spon-taner ein-geb-ung ein-fache spa-ghetti al-dente 
mit brokkoli-stielen,

kurz ang-ebratenem doerrf-leisch vom metzger meines! vertrauens, dessen? salz reicht fuer 12 donnerstache,

einem tee-loeffel senf,

olivenoel, kreuz-kuemmel, vorher ang-ed-uenstetem knob-lauch, geriebenem ingwer&pfeffer, fein-geschnittenen rot-zwiebeln + safran + schnitt-lauch+rote-beete-saft  in ein gefaess ge-tan….

quasi im rahmen eines sebst-ver-such-es, als garni-tur belebte selbiges ein schad+fein-staub-stoff-freies zitronen-scheibchen+ein ess-loeffel kokos-milch+5 gr. un-kreuz-kuemmel,

zur not gab ich dann doch noch etwas original-gorgonzola-kaese an-bei.