Countdown läuft: “Frauen-WM”

Die Fieberkurve steigt auch beim Donnerstach. Kommenden Sonntag geht’s los. Private WM-Studios vor Heimglotzen sind für die Vorrunde fest vereinbart, public viewing könnte auch noch kommen, inkl. unvermeidbarer masseninduzierter Rührseeligkeit und sich zunehmend verselbständigendem Siegestaumel.

Was ist passiert? Noch vor Monaten schauen mich meine Mit-Donnerstachler mit leeren Augen an, als ich berichte, ich sei beim Top-Spiel der Frauenfußball-Bundesliga gewesen. Am Brentano-Bad, FFC gegen Turbine, vor der Rekordkulisse von 1.500 Menschen. Heute beten mir die Jungs die nicht mal so leicht zu merkenden Namen und bisherigen Vereine der Nationalspielerinnen ungefragt vor, so daß ich kaum noch hinterherkomme.

Egal. Nicht wundern, einfach nur freuen. Sonntag geht’s los.

Zum Artikel „Erlöst Gustav Mahler aus linker Vereinnahmung!“ (Zeit online 18.5.2011)

„Der Komponist der ’68er“ – so ziemlich das letzte Attribut, das ich Mahler anhängen würde. Als junger Erwachsener und auf dem Weg zum Musiklehrer habe ich die Zeit erlebt und fand was „klassische Musik“ (Anführungszeichen voll absichtlich) angeht gerade meine linksintellektuellen Zeitgenossen eher bildungsfern und wenig artikulationsfähig. Normalerweise haben die lieber „Doors“ gehört („When the music’s over turn off the light“) und Orchestermusik, zumal mit Gesang verbunden, kaum an sich herangelassen. Wenn dann würde ich es eher so sehen, als dass sie nicht „Mahler“ sondern „Tod in Venedig“ gehört haben und das Phänomen Mahler und die 68er auf den Kontext des Visconti-Films und die Handlung der Mann-Novelle begrenzen. Die meisten dürften wohl beim berüchtigten Adagio unter dem Kopfhörer die Augen geschlossen und naiv-bildlich Gondeln vor sich vorbeiziehen gesehen haben, als dass sie eine Bestätitgung ihres (wie die Autorin vermutet) zerrissenen Weltbildes erfahren haben und sich existentiell erschüttern liessen. Man hat aber nicht bekennend und suchend das Gesamtoeuvre rauf und runter gehört und durchgesprochen. Sicher gab es da eine Faszination, aber die erschien mir schon damals ziemlich irrational und kaum erklärbar. Man hat sich vielleicht auch einfach in Konsumhaltug unreflektiert eine Stimmung, eine Attitüde „hineingegezogen“ wie heute noch Leute mit Che-Guevara-T-Shirts rumlaufen und weder im vollen Umfang für eine Politik a la Kuba noch gegen sie sind. So was heisst „Mode“. Kommt, geht und gut ist. Muss man aber keine Staatsaffäre draus machen.

Ansonsten denke ich, dass Rezeptionsgeschichte – selbst wenn es dann so gewesen wäre wie dieser Artikel es suggeriert – ein Problem sein kann, aber kein grundsätzliches Hindernis für den Zugang zu einem Werk für nachfolgende Generationen. Der Appell „Erlöst Gustav Mahler aus linker Vereinnahmung“ ist eigentlich nur peinlich. Er suggeriert, dass jemand Mahler irgendwann gekidnapt, damit anderen vorenthalten hat und besetzt hält. Nun muss er befreit werden. Wenn noch wenigstens gesagt würde von wem und für wen. Für die schwarz-gelbe (noch) Mehrheitsgesellschaft? Für die Generation Facebook? Für eine verstörte Generation Praktikum, die zugegeben anders als viele 68er keine etablierten Beschäftigungsverhältniss mehr finden werden? Wenn dabei der befreite Mahler hilft, gebe ich dem Artikel doch noch meine Absolution.

Das ganze Grundkonstrukt des Artikels ist ansonsten doch ziemlicher Humbug. Im Falle Kunst und Musik allgemein und in diesem Falle im Besonderen (s.o.). Niemand hindert niemand an einen einem neuen eigenen, selbst gewählten Zugang zu Mahler. Das heldenhafte Verlangen nach dem Wegräumen gar nicht vorhandener Hindernisse und Trümmer der 68er-Generation hat eventuell mit Mahler gar nicht so viel zu tun. Der dient nur als Tapete, auf der man das derzeit so angesagte 68er bashing aufwalzen kann. Für einen Hauptartikel zu „100 Jahre Mahler“ ist das arg dünn. Und man hätte über vieles nachdenken, gerne auch streiten können aus Anlass dieses Jubiläums. Vor allem über Mahler, aber nicht über das Thema „Komponist der ’68er“. Chance vertan, Thema verfehlt. Schade.

Hier der Link zum Artikel: http://www.zeit.de/kultur/musik/2011-05/100-jahre-gustav-mahler

Fotoausstellung Richard Köhler – „Horizontalschnitte“

 
Freitag, 20. Mai, 19 Uhr (Vernissage)
Galerie Zement, Leipziger Str. 65 HH, 60487 Frankfurt

HORIZONTALSCHNITTE
Richard Köhler, Fotografie:

Blicke nach oben.
Der begrenzte Blick auf das Über-Ich.
Oder ist es doch nur fotografische Meteorologie?!
Mit einfachstem Werkzeug den Horizont abtasten.
Mit dem siebzehner Schlüssel unter den Fotoapparaten.
Morgens um 6.30 Uhr.
In und um Frankfurt-Bockenheim.
Und herum

Ausstellung 19. Mai bis 3. Juni
Öffnungszeiten Donnerstag und Freitag 18 bis 20 Uhr
Tel. 069-709437
http://www.galerie-zement.de/

NEU: Die gute „Dolce China“-Wurst

Bunte Blüten treibt das Schnellgaststättengewerbe bzw. wirft Faltblätter auch in Briefkästen, auf denen “Bitte keine Werbung” steht. So heute eins mit folgenden fett und bunt gedruckten Überschriften:

Dolce Vita. CHINA EXPRESS. NEU bei uns: Currywurst.

Kein Wunder, dass manche Mitbürger “Multikulti” für gescheitert halten. Wer ständig möglichst viel (multi) vom Schlechtesten was andere “kulti” zu bieten haben in einen Topf wirft, bekommt noch lange kein bekömmliches Abendessen. Dabei ist doch eigentlich klar, dass in einem richtig guten Cross over-Gulasch das Beste von allem drin ist und nicht die Abfälle.

Aber was wollen die Leute stattdessen (um sich gierig satt zu essen)??? Analogkäsekuchen (“Pizza”) mit Formvorderschinken unbestimmter Anbaugebiete (“prosciutto”), gaumenzerschneidende Maismehltrockenscheiben (“taco shells”), gepresste Hühnerfleischabschnitte (“Saté-Spieß”), Hauptsache billig-billig-billig und das Zeug kommt verzehrwarm eingeschweißt direkt an die Wohnungstür, wo man es sofort aufreissen und mit dem mitgelieferten Plastikbesteck ohne Umweg über die Küche im Stehen reinschlingen kann.

Warum? Weil sie keine Ahnung haben und keine haben wollen, weil sie sich nicht dafür interessieren was wo drin ist, woher was kommt und was was bedeutet und wie das alles zusammenhängt. Und weil sie einfach zu faul zum Selbermachen und -denken sind. Leider.

Und leider nicht nur bei der Nahrungszufuhr, sondern auch im sonstigen richtigen Leben. Das Ergebnis? Zerrbilder von “internationaler Küche” und “cross over” und nach dem gleichen Muster auch von anderen Kulturen und eben “Multikulti”.

Das Etablissement “Dolce Vita – China Express” – bezeichnenderweise ohne ausgewiesenen festen Wohnsitz, nur mit Telefon für die schnelle Schlingnummer zwischendurch – als Spiegel der Gesellschaft: Wer hätte das heute morgen vor dem Leeren des Briefkastens gedacht?

Nahblindheit,Tunnelblick

“Frohe Weihnachten wünsche ich Euch!!! Der Anhang ist eine kleine Pause wert! Herzlich” grüßt eine liebe Kollegin per E-Mail und empfiehlt das Youtube-Video Christmas Food Court Flash Mob, Hallelujah Chorus – Must See!

Ein schöner Streifen, ein geniales Musikstück, unkaputtbar. Die kleine Aufmerksamkeit ist verbunden mit dem Wunsch, dass wir alle mal innezuhalten und uns verzaubern lassen. Soweit alles Bestens. Mein kleiner Beigeschmack: während jetzt alle auf u-tjuub starren, probt ein ähnlich ambitionierter Kirchenchor irgendwo in Frankfurt Händels Messias samt Halleluja und keiner merkt es. Das Internet, die Medien ziehen uns alle raus und weg aus unserer unmittelbaren Umgebung, unserem eigenen Alltag. Wir werden blind für das was um uns herum geschieht, schauen durch Tunnel in weit entfernte Galaxien. Die meisten “Aaaahs” und “oooohs” können wir uns aber auch direkt im Konzert um die nächste Ecke abholen oder in der Oper, im Kino, im Theater. Aber wer weiß das denn schon (noch) wirklich, wer fragt danach? Zumal man auch durch den Schneematsch latschen und sich vorher Karten besorgen müsste. Und das  “Halleluja” kommt in echt halt nicht nur als 4-minütiges Dessert, sondern als  Teil eines dreieinhalbstündigen Oratoriums oder wenigstens eines 2-stündigen Konzerts mit noch anderen Programmpunkten.

Denn auch das muss man feststellen: auf dem Video ist jetzt nicht gerade eine übermäßig berauschende Giga-Interpratation des Händel’schen Hallelujas. Dieses Niveau hat hierzulande jeder zweite mittelstädtische Kirchenchor. Nur traut der sich normalerweise nicht zwischen die Schnellimbisse im Nordwestzentrum. Leider.

Kurtág (*1926): Kafka-Fragmente op. 24 (1985)

Gestern am späten Vormittag Konzertmatinée im Museum Wiesbaden vor immerhin 30 Besuchern (Verwandte, Bekannte, Schüler): die virtuos aufsingenden und spielenden Carola Schlüter (Sopran) und Yumiko Noda (Violine) stellen Ihre minutiös bis ins letzte Detail durchgearbeitete Interpretation der Kurtág’schen Kafka-Fragemente von 1985 vor.

Ob sich die zwei kongenial auftrumpfenden Musikerinnen bei gleichem Aufwand und Gestaltungswillen und gemeinsamer Vorbereitung nicht eine mindest ebenso ausdrucksstarke Darbietung der Kafka-Texte selbst hätten erarbeiten, vielleicht auch improvisieren können? Über Strecken kommt das Stück so freitonal daher, dass man sich fragen kann, worin der eigentliche und unverwechselbare Beitrag des Komponisten zu diesem Vortrag bestanden hat oder warum die Musikerinnen lieber der letzten Verästelung von Kurtágs im Notentext penibel fixierterPhantasie als ihrer eigenen Erfindungsfreude folgen wollten.

Zumindest ist es nach Hape Kerkelings “HUUURZ! Auf der grünen Wiese…” extrem schwierig, ausreichend sittlichen Ernst für die Rezeption der Kafka-Fragmente zu mobilisieren. Komponist und Interpreten sollten den Kerkeling sehr genau studieren und sich ein paar gute Fertigbausätze zurechtlegen, warum genau ihr Stück keine Parodie, sondern Kunst ist und der Hape eben nicht. Ein Ritt auf der Rasierklinge, will man meinen.

Es war dennoch ein beeindruckendes Konzert. Dabei als eine kleine Kafka-Entdeckung folgendes “Fragment”:

Leoparden brechen in den Tempel ein und saufen die Opferkrüge leer: das wiederholt sich immer wieder: schließlich kann man es vorausberechnen, und es wird ein Teil der Zeremonie.

Danach in die Blaue-Reiter-(mit Ausflügen ins Sublime-)Ausstellung. Bei einigen Exponaten ähnliche Fragen wie an Kurtág.

Heute auf der Puul: Sauereien mit Ka-ka-o

Quitten-Schoko-Pralinen

Zutaten: 90 ml Sahne, 26 gr Butter, 26 gr Honig, 125 gr Bitterschokolade, 240 gr Halbbitter, 10 ml  Armagnac, Quittenbrot (irgendwann im Herbst davor selber gemacht!, nicht vom Metzger, Instruktionen auf Anfrage) 

Eine Form von ca. 8 x 30 cm (oder was anderes, das die gleiche Grundfläche von – na wieviel? – quadratischen Zentimetern  ergibt) mit Backpapier auskleiden.

Sahne aufkochen, Butter dazu, Honig, dann heruntergebrochene Bitterschokolade und Halbbitter darin schmelzen. Wenn alles schön weich schmeidet rein mit dem Armagnac. Die Hälfte der Soße in die Form gießen und ein wenig fest werden lassen. Dann die gesamte Oberfläche mit 3-4 mm dicken Scheiben vom Quittenbrot auslegen. Die 2. Hälfte der Schokolade wieder warm schmeiden, Mandeln und Haselnüsse rein, und das ganze über das Quittenbrot laufen lassen. Glatt rütteln und Form aufstumpen. Im Kühlen fest werden lassen und in s.g. Schnittpralinen von ca. 2×3 cm schneiden. Nach Gutherrens Dünken oberflächlich dekorieren oder auch nicht (Bild 2).

Mittelblonde mit Pistazien 

Zutaten: 120 ml Sahne, 180 gr weiße Schoko, 120 gr Bitterschokolade, 50 gr Pistazien grob gehackt, 20 gr Mandeln gehackt, 20 ml Grand Marnier.

Eine Form von ca. 8,5 x 25,5 cm (s.o.) mit Backpapier auskleiden. Sahne aufkochen, gebröckelte Schokoladen einschmelzen, dann Pistazien und Mandelkern, zum Schluß den Schnaps. Abhärten und in Stücke schneiden, dekorieren (s.o.).

Achtung: Schmilzt alles schön zwischen den Fingern. Und beim Scannen auch (s. Fotos).